Physikalisches und virtuelles Trading bei C&I Batteriespeichern

14.11.2025

Der Energiemarkt wird immer dezentraler. Neben klassischen Großkraftwerken spielen heute auch industrielle Batteriespeicher, Photovoltaikanlagen und flexible Verbraucher eine zentrale Rolle. Doch wie können solche dezentralen Systeme wirtschaftlich am Energiemarkt teilnehmen? Welche Rolle spielt Trading, was unterscheidet physikalischen vom virtuellen Handel – und wie funktioniert die Integration in ein Virtual Power Plant (VPP)?


Was ist Trading?

Unter Trading versteht man den Handel mit elektrischer Energie auf den Strommärkten. Händler kaufen und verkaufen Strom, um Preisunterschiede zwischen Märkten oder Zeiträumen zu nutzen – ähnlich wie an der Börse.

In Deutschland gibt es verschiedene Handelsplätze:

  • Day-Ahead-Markt (EPEX Spot) – Handel von Strom für den nächsten Tag, Stunde für Stunde.

  • Intraday-Markt – kurzfristiger Handel bis wenige Minuten vor Lieferung, um Abweichungen zwischen Prognose und tatsächlicher Erzeugung/Verbrauch auszugleichen.

  • Bilanzkreis- und Regelenergiemarkt – hier geht es um das Stabilisieren des Stromnetzes in Echtzeit.

Trading erfüllt also zwei Funktionen: Es ermöglicht wirtschaftliche Optimierung und sorgt gleichzeitig dafür, dass Erzeugung und Verbrauch jederzeit im Gleichgewicht bleiben.


Physikalisches vs. virtuelles Trading

Physikalisches Trading

Beim physikalischen Trading wird Strom tatsächlich geliefert oder verbraucht – also „physisch“ in das Stromnetz eingespeist oder daraus entnommen.

Beispiel: Ein Betreiber eines Batteriespeichers verkauft 1 MWh Strom auf dem Day-Ahead-Markt und entlädt seinen Speicher zum vereinbarten Zeitpunkt.

Voraussetzung: Der Akteur hat Zugang zum Netz, technische Anlagensteuerung und ist Teil eines Bilanzkreises.

Virtuelles Trading

Virtuelles Trading bedeutet, dass zwar auf realen Strommärkten gehandelt wird (z. B. am Day-Ahead- oder Intraday-Markt), aber ohne physische Lieferung.

Das heißt: Der Trader schließt seine Position rechtzeitig vor Lieferzeit – es wird also kein Strom eingespeist oder entnommen.

Beispiel:

  • Ein Händler verkauft 10 MWh am Day-Ahead-Markt zu 100 €/MWh und kauft sie später im Intraday-Markt zu 80 €/MWh zurück.

  • Der Gewinn entsteht rein finanziell – es fließt kein Strom.

  • Dieses Prinzip erlaubt es, von Preisunterschieden zu profitieren, ohne eine eigene Anlage zu betreiben.

  • Virtuelles Trading ist also Teil des Spotmarkts, aber ohne physische Aktivität.


Kann man virtuell handeln, ohne eigene Anlagen zu besitzen?

Ja – zumindest theoretisch. Ein virtueller Trader kann am Spotmarkt handeln, ohne selbst über physische Assets zu verfügen, solange er alle offenen Positionen rechtzeitig schließt.

In der Praxis gibt es dabei aber zwei wichtige Voraussetzungen:

  1. Marktzugang:

    Der Spotmarkt (z. B. EPEX Spot) ist reguliert. Nur Teilnehmer mit einem Bilanzkreis oder über einen Bilanzkreisverantwortlichen (BRP) dürfen dort handeln.

    Das heißt: Auch wenn man keine Anlage besitzt, braucht man einen Partner, der physisch liefern könnte, falls ein Geschäft nicht rechtzeitig ausgeglichen wird.

  2. Regulatorische Verantwortung:

    Virtuelle Händler müssen sicherstellen, dass ihr Handel das physische Gleichgewicht im Stromnetz nicht stört.

    Dafür sind Bilanzkreisverantwortliche zuständig, die wie Buchhalter über alle Einspeisungen und Entnahmen wachen.

In der Praxis bedeutet das:

  • Ein Trader kann virtuell handeln, auch ohne Anlagen zu besitzen.

  • Ein Betreiber oder Softwareanbieter eines VPP braucht aber Zugriff auf reale Assets, um Flexibilität physisch bereitzustellen, falls das notwendig wird.

So entsteht ein abgestuftes System:

  • Finanzhändler handeln rein virtuell.

  • VPPs handeln virtuel­l, aber auf Basis physischer Anlagen, die sie bei Bedarf tatsächlich einsetzen können.


Warum muss das System immer im Gleichgewicht bleiben?

Technisch ist es entscheidend, dass zu jedem Zeitpunkt genau so viel Strom in das Netz eingespeist wird, wie entnommen wird.

Dieses Gleichgewicht wird durch das sogenannte Bilanzkreissystem sichergestellt.

Jeder Stromerzeuger und -verbraucher in Deutschland ist einem Bilanzkreis zugeordnet – einem virtuellen Energiekonto, das von einem Bilanzkreisverantwortlichen (Balance Responsible Party, BRP) geführt wird.

Der BRP ist sozusagen der „Buchhalter“ der Energieflüsse:

  • Er sorgt dafür, dass geplante Einspeisungen und Entnahmen ausgeglichen sind.

  • Kommt es zu Abweichungen (z. B. weniger Sonne als prognostiziert), muss der BRP diese durch den Zukauf von Regelenergie ausgleichen.

Damit bleibt das Netz stabil und Frequenzabweichungen werden vermieden.


Was ist ein Virtual Power Plant (VPP)?

Ein VPP (Virtuelles Kraftwerk) bündelt viele dezentrale Energieanlagen – etwa Batteriespeicher, PV-Anlagen oder flexible Verbraucher – zu einem gemeinsamen, steuerbaren Portfolio.

Das VPP übernimmt drei Aufgaben:

  1. Aggregation: Alle Assets werden digital verbunden und ihre verfügbare Leistung ermittelt.

  2. Optimierung: Welche Anlagen wann Strom liefern oder speichern, wird zentral entschieden.

  3. Vermarktung: Das VPP tritt als ein Marktteilnehmer auf und kann Energie an der Börse handeln oder Regelenergie anbieten.

Dadurch können selbst kleinere Anlagen, die einzeln keinen Marktzugang hätten, gemeinsam am Energiemarkt teilnehmen.


Wichtige Stakeholder im Überblick

  • Batteriebetreiber / Anlagenbetreiber: Stellt die Flexibilität bereit (Laden, Entladen).

  • Softwareanbieter / VPP-Operator: Optimiert den Betrieb und steuert die Anlagen.

  • Energieversorger / Trader: Handelt die Energie an den Märkten und trägt das Marktrisiko.

  • Bilanzkreisverantwortlicher (BRP): Stellt sicher, dass Erzeugung und Verbrauch bilanziell ausgeglichen sind.

Ein Softwareanbieter muss nicht selbst handeln, sondern kann mit einem lizenzierten Trader oder Energieversorger zusammenarbeiten. So bleibt die regulatorische Hürde gering, während der Partner den Marktzugang und die Abrechnung übernimmt.


Welche Art von Trading ist für Behind-the-Meter (BTM) Speicher geeignet?

BTM-Speicher stehen hinter dem Zähler eines Unternehmens und dienen primär internen Zwecken – etwa Peak Shaving, Eigenverbrauchsoptimierung oder Backup.

In vielen Fällen ist direkter physikalischer Handel über den Netzanschlusspunkt nicht vorgesehen, da:

  • Einspeisung ins öffentliche Netz regulatorisch aufwendig ist,

  • Speicher primär für lokale Prozesse genutzt werden.

Trotzdem kann ein BTM-Speicher physikalisch am Strommarkt teilnehmen, wenn die Anwendungen klar voneinander getrennt sind – sowohl zeitlich als auch bilanziell.


Beispielhafte Kombination:

  • Winter / Herbst: Der Speicher wird für atypische Netznutzung oder Peak Shaving eingesetzt – Fokus auf Kosteneinsparung im Betrieb.

  • Frühjahr / Sommer: Mit sinkendem Eigenverbrauch kann freie Kapazität genutzt werden, um über einen Energieversorger oder Direktvermarkter Strom aktiv am Markt zu verkaufen (z. B. Intraday- oder Regelenergiemarkt).

Damit entsteht ein Hybridmodell, in dem der Speicher sowohl lokale als auch marktbasierte Einnahmen generiert.


Geeignete Modelle für BTM-Speicher

  1. Virtuelles Trading über ein VPP:

    Der Speicherbetreiber stellt seine Flexibilität virtuell bereit, ohne selbst handeln zu müssen. Das VPP kann, falls der Speicher gerade leer ist, einen anderen Speicher im Portfolio entladen.

  2. Physikalisches Trading bei klar getrennter Nutzung:

    In definierten Zeiträumen (z. B. saisonal oder tageszeitlich) kann der Speicher aktiv Strom einspeisen und physisch am Markt teilnehmen.


Wie Lumera Ihren Speicher in die Direktvermarktung bringen kann

  1. Lokale Optimierung:

    • Software optimiert Lade- und Entladeprofile anhand lokaler Strompreise, Lastprofile und PV-Erzeugung.

    • Ziel: Minimierung von Energiekosten, Lastspitzenreduktion, höhere Eigenverbrauchsquote.

  2. VPP-Integration:

    • Echtzeitübermittlung von SOC, Leistung und Flexibilität an den VPP-Operator.

    • VPP entscheidet zentral, ob und wann der Speicher Teil einer Marktaktion wird.

    • Bei Bedarf können andere Speicher im Netzwerk einspringen, falls ein einzelner Speicher gerade nicht verfügbar ist.

So entsteht ein hybrides Modell: Der Speicher liefert lokalen Nutzen – und zugleich, über das VPP, systemdienliche und wirtschaftliche Flexibilität.


Fazit

Batteriespeicher sind längst mehr als nur Energiespeicher: Sie sind aktive Teilnehmer am Strommarkt. Für Speicherhersteller, Installateure, Versorger und Industrieunternehmen eröffnet sich damit ein neues Feld.

Ob physikalisch oder virtuell – mit intelligenter Optimierung und der Integration in ein Virtual Power Plant lassen sich sowohl lokale als auch marktorientierte Erlöse realisieren.

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