Batteriespeicher und die 2.500-Stunden-Regel – Was ist zu beachten?

Jul 11, 2025

Die 2.500-Stunden-Regel im Strombereich ist eine besondere Tarifregelung für Netzentgelte, die vor allem größere Stromverbraucher betrifft. Sie definiert einen Schwellenwert bei 2.500 Jahresbenutzungsstunden, ab dem sich die Berechnung der Netzkosten deutlich verändert. Im Folgenden wird erklärt, was es mit dieser Regel auf sich hat und warum es sie gibt. Anschließend betrachten wir, welche Auswirkungen die Installation eines Batteriespeichers (z. B. für Lastspitzenkappung oder zur Eigenverbrauchsoptimierung) auf diese Regel haben kann – inklusive eines Beispiel-Szenarios mit 500.000 kWh Jahresverbrauch und ca. 200 kW Lastspitze. Abschließend beleuchten wir Kritikpunkte an der Regel und wie sich die Netzentgeltsystematik in Zukunft ändern könnte.

Was besagt die 2.500-Stunden-Regel und warum gibt es sie?

Benutzungsstunden geben an, wie viele Stunden pro Jahr ein Verbraucher seine maximale Leistung theoretisch voll ausschöpfen würde. Mathematisch ist das die Jahresarbeit (kWh) geteilt durch die höchste bezogene Leistung (kW). Dieses Verhältnis dient als Indikator für die Gleichmäßigkeit der Netzbeanspruchung: Ein Betrieb mit konstanter Last hat hohe Benutzungsstunden, wohingegen ein Betrieb mit ausgeprägten Lastspitzen und sonst niedrigem Verbrauch geringe Benutzungsstunden aufweist .

Die Grafik zeigt die jährlichen Stromkosten in Abhängigkeit von der Spitzenlast bei konstantem Jahresverbrauch von 500.000 kWh. Die Preise entprechen einer Mittelspannung im Bayernwerk Netz. An der 2.500h-Schwelle ändert sich die Tarifstruktur: Unterhalb gilt ein hoher Arbeitspreis und niedriger Leistungspreis, oberhalb umgekehrt. Das führt zu einem deutlichen Knick in der Steigung der Kostenkurve – selbst wenn der absolute Kostensprung minimal bleibt (hier: 8 €). Die Optimierung rund um diesen Punkt ist daher wirtschaftlich sensibel.


Die 2.500-Stunden-Regel bildet einen Knickpunkt in der Netzentgelt-Berechnung. Bis 2.500 Benutzungsstunden gelten ein vergleichsweise niedriger Leistungspreis (€/kW) und ein hoher Arbeitspreis (ct/kWh); jenseits von 2.500 h kehrt sich das Verhältnis um – es gilt ein hoher Leistungspreis und ein niedriger Arbeitspreis. Mit anderen Worten:

  • Weniger als 2.500 h/a: Der Netzbetreiber stuft den Kunden als Wenig-Nutzer ein. Die jährliche Leistungskomponente (für die maximale kW-Spitze) ist günstiger, dafür ist die Arbeitskomponente (für jede kWh Verbrauch) teurer. Dieses Modell begünstigt also Kunden mit unregelmäßigem Verbrauch und seltenen Peaks – sie zahlen relativ wenig für Bereitstellung der Anschlussleistung, aber viel pro verbrauchte Kilowattstunde.

  • Mehr als 2.500 h/a: Der Kunde gilt als Viel-Nutzer mit gleichmäßiger Last. Hier wird ein hoher Leistungspreis fällig, während der Arbeitspreis je kWh sinkt. Ein gleichmäßiger hoher Strombezug wird also belohnt durch günstige Arbeitspreise, allerdings muss für die ständig beanspruchte Netzkapazität mehr gezahlt werden (hohes kW-Entgelt).

Diese Zweiteilung sorgt dafür, dass bei genau 2.500 h beide Tarifvarianten in etwa gleich hohe Netzentgelte ergeben. Der Schwellenwert von 2.500 h wurde in der deutschen Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) bewusst festgelegt, basierend auf Erfahrungswerten, um eine verursachungsgerechte Kostenteilung zu erreichen [1]. Netzbetreiber strukturieren ihre Entgelte daher mit vier Preispositionen: Arbeitspreis und Leistungspreis jeweils für <2.500 h und für >2.500 h. Kleine Verbraucher mit Standardlastprofil (ohne registrierende Lastmessung) zahlen davon unbeeindruckt oft pauschale Arbeitspreise. Für größere Abnehmer mit Lastgangmessung (RLM-Kunden) greift jedoch diese 2.500 h-Systematik automatisch in den meisten Netzgebieten.

Warum gibt es diese Regel? Das Ziel dahinter ist die verursachergerechte Verteilung von Netzkosten und das Setzen von Anreizen für eine effizientere Netznutzung. Stromnetze haben hohe Fixkosten, insbesondere um Spitzenlasten abzudecken. Verbraucher mit stark schwankendem oder unregelmäßigem Verbrauch belasten das Netz durch hohe Spitzen und lange Phasen geringer Nutzung. Daher sollen sie mehr zu den Kosten beitragen, indem sie höhere Arbeitspreise zahlen. Hingegen werden gleichmäßige Verbraucher entlastet – wer das Netz kontinuierlicher auslastet, bekommt günstigere kWh-Preise, zahlt aber einen höheren Grundpreis für die bereitgestellte Leistung. Insgesamt soll diese Regelung also verhindern, dass Spitzenlast-Verursacher auf Kosten der Allgemeinheit günstiger wegkommen, und stattdessen Netzstabilität und gleichmäßige Auslastung belohnt werden.

Batteriespeicher, Peak Shaving und die Auswirkungen auf die 2.500h-Regel

Batteriespeicher können das Lastprofil eines Unternehmens erheblich beeinflussen – vor allem durch Lastspitzenkappung und Eigenverbrauchsoptimierung. Dabei kommt es zu einer doppelten Wirkung auf die Benutzungsstunden:

  • Lastspitzenkappung erhöht die Benutzungsdauer: Wenn ein Speicher Lastspitzen abfängt, sinkt die maximale Netzbezugsleistung (kW). Der Jahresverbrauch aus dem Netz bleibt annähernd gleich (abgesehen von Speicherverlusten), sodass sich der Quotient Verbrauch/Peak erhöht. Hohe Lastspitzen verkürzen die Benutzungsdauer, deren Kappung erhöht sie entsprechend. Ein Unternehmen, das vorher z.B. 2.400 h Benutzungsdauer hatte, kann durch ausreichend großes Peak Shaving eventuell auf >2.500 h kommen. Damit würde es in die Kategorie mit höherem Leistungspreis und niedrigerem Arbeitspreis wechseln.

  • Eigenverbrauchsoptimierung senkt die Benutzungsdauer: Wird weniger Last aus dem Netz gezogen durch Laden der Batterie anstelle von PV Einspeisung, sinkt die Jahresarbeit (kWh) und damit auch die Benutzungsstunden.

Achtung: Die 2.500h-Regel kann jedoch unerwünschte Effekte auf die Wirtschaftlichkeit eines Batteriespeichers haben. Man muss genau analysieren, in welche Kategorie man durch den Speicher rutscht und wie sich die Tarifstruktur ändert:

  • Wenn ein Unternehmen knapp unter 2.500 h lag, also bisher einen niedrigen Leistungspreis und hohen Arbeitspreis hatte, kann Peak Shaving es über die Schwelle heben. Dann steigen schlagartig die Leistungskosten und die Arbeitspreise sinken. Ohne Begrenzung der Benutzungsstunden würde z.B. die Installation einer Batterie, die die Lastspitze stark reduziert, dazu führen, dass die Benutzungsstunden von ~2400 auf vielleicht 3300 steigen – Netzentgelte würden neu kalkuliert und könnten sogar steigen . In unserem Beispiel (500.000 kWh, ~205 kW Spitze ursprünglich) zahlte der Betrieb ~28.000 € Netzentgelt (wie oben berechnet). Nehmen wir an, der Speicher senkt die Spitze auf 150 kW (Benutzungsdauer ~3.333 h). Dann gilt der teure Leistungspreis-Tarif: selbst wenn der Arbeitspreis deutlich fällt, könnte der hohe Leistungspreis die Einsparung zunichtemachen. Die Ersparnis an Netzentgelten durch den Speicher wäre in diesem Fall gering – oder im schlimmsten Fall negativ, falls man durch die hohe Grundgebühr mehr zahlt als man an kWh-Kosten einspart.

  • Daher wird in der Praxis oft darauf geachtet, die 2.500h-Schwelle nicht ungünstig zu überschreiten. Man könnte z.B. den Speicher so steuern, dass die Lastspitze zwar reduziert, aber nicht zu stark reduziert wird – sodass die Benutzungsstunden knapp unter 2.500 bleiben. Lieber behält man eine kleine Rest-Spitzenlast und bleibt im „günstigeren“ Tarif (mit niedrigem Leistungspreis), anstatt vollständig glatt zu ziehen und in den teuren Leistungspreis zu rutschen. Anders formuliert: Ein gewisses Maß an Peak Shaving kann sinnvoll sein, aber zu viel Glättung kippt das Kostenverhältnis um. Diese Optimierung erfordert eine sorgfältige Simulation der Kostenstruktur im Vorfeld wie es zum Beispiel bei Lumera möglich ist.

Zusammengefasst: Ein Batteriespeicher kann Netzentgelte optimieren, indem er Lastspitzen senkt – aber man muss den 2.500h-Effekt im Blick haben. Für Projektentwickler von Batterien in Gewerbe und Industrie bedeutet das: Vor der Installation sollte man beide Tarifzustände durchrechnen. Es gilt herauszufinden, ob der Speicher das Unternehmen in einen anderen Entgeltbereich bewegt und ob das unterm Strich Kosten spart oder Mehrkosten verursacht.

Kritik an der 2.500h-Regel und Ausblick auf künftige Änderungen

Die 2.500-Stunden-Regel ist zwar aus historischer Sicht sinnvoll begründet, steht aber heutzutage auch in der Kritik. Kritiker bemängeln insbesondere:

  • Behinderung von Flexibilität: Die starre Trennung zwischen Arbeitspreis und Leistungspreis belohnt einen möglichst gleichmäßigen Strombezug, bestraft aber flexible Verbraucher. In Zeiten der Energiewende wäre es jedoch wünschenswert, wenn Industrie und Gewerbe ihren Verbrauch flexibel an das Stromangebot von Erneuerbaren Energien anpassen.

  • Starre Schwellenwerte: Fixe Grenzen (wie 2.500 h oder auch 7.000 h bei anderen Privilegierungen) führen zu sprunghaften Kostenänderungen, sobald man knapp darunter oder darüber liegt. Diese Sprünge werden als ungerecht und volkswirtschaftlich suboptimal angesehen, weil kleine Änderungen im Verbrauchsverhalten zu unverhältnismäßigen Tarifwechseln führen können.

  • Regionale Unterschiede und mangelnder Realitätsbezug: Die Netzentgelte variieren stark je nach Netzgebiet, teils aus historischen Gründen, was bedeutet, dass der gleiche Verbrauch an unterschiedlichen Standorten unterschiedliche Kosten verursachen kann – nicht immer proportional zum tatsächlichen Netznutzen. Die 2.500h-Regel selbst gilt zwar überall, aber der genaue Wert der Arbeit- und Leistungspreise wird lokal festgelegt.

Angesichts dieser Kritikpunkte ist absehbar, dass die Netzentgelt-Systematik – und damit auch die 2.500-Stunden-Regel – reformiert wird. Tatsächlich hat die Bundesnetzagentur im Juli 2024 ein Eckpunktepapier für neue Industrienetzentgelte vorgestellt. Darin wird ein Übergang von starren zu flexiblen Anreizen skizziert [2]. Künftig sollen Industrie und Gewerbe reduzierte Netzentgelte erhalten, wenn sie bei hohem Stromangebot mehr verbrauchen und bei Stromknappheit weniger.

Exkurs: Atypische Netznutzung und das Wahlrecht bei <2.500 h

Ein Sonderfall ergibt sich bei der sogenannten atypischen Netznutzung (§ 19 Abs. 2 S. 1 StromNEV). Dabei kann ein Letztverbraucher, dessen Jahreshöchstlast außerhalb der vom Netzbetreiber definierten Hochlastzeitfenster liegt, ein individuelles Netzentgelt beantragen. In diesem Fall wird der Leistungspreis nicht mehr auf Basis der Jahreshöchstlast, sondern nur noch anhand der zeitgleichen Last im Hochlastzeitfenster berechnet – und die kann bei steuerbaren Anlagen wie Batteriespeichern sogar theoretisch bei 0 kW liegen.

Wichtig: Die Benutzungsstunden werden weiterhin klassisch berechnet – also als

Benutzungsstunden = Jahresarbeit (kWh)/Jahreshöchstlast (kW)

auch wenn die tatsächliche Lastspitze außerhalb des Hochlastzeitfensters liegt. Dadurch können Netzentgeltmodelle inkonsistent werden: Ein Verbraucher mit wenigen Benutzungsstunden würde regulär den hohen Arbeitspreis zahlen, obwohl er das Netz kaum belastet – etwa durch gezieltes Laden außerhalb der kritischen Zeitfenster.

Deshalb erlaubt die Bundesnetzagentur in solchen Fällen ein Wahlrecht: Kunden mit <2.500 h dürfen sich freiwillig für die Tarifstruktur oberhalb der Schwelle entscheiden – also niedriger Arbeitspreis, höherer Leistungspreis. Da der Leistungspreis jedoch auf Basis der (sehr niedrigen) zeitgleichen Hochlast-Leistung berechnet wird, kann dies zu einem deutlich geringeren Gesamtentgelt führen.

In der Praxis hängt die optimale Entscheidung – ob „unter 2.500 h bleiben“ oder „Wahloption ziehen“ – von mehreren Parametern ab: Höhe der Jahreshöchstlast, Lastverteilung, Speichersteuerung, Netzgebiet, Hochlastzeitfenster. Ein geeignetes Simulationstool wie Lumera kann diese Optionen automatisiert vergleichen und die wirtschaftlich beste Variante auswählen. Nur so lässt sich sicherstellen, dass Batteriespeicherbetreiber nicht versehentlich in ein ungünstiges Netzentgeltmodell rutschen, sondern das volle Einsparpotenzial heben.

Fazit und Empfehlungen:

Für Projektentwickler von Batteriespeichern im Gewerbe/Industrie heißt das, dass die Planung heutiger Projekte die 2.500h-Regel unbedingt berücksichtigen muss – aber man sollte auch die Zukunft im Auge behalten. Aktuell gilt: Netzentgelte optimieren = Lastprofil glätten, aber nicht in die Kostenfalle tappen. Unternehmen sollten darüber informiert werden, warum ihr Speicher ggf. nicht die erhofften Einsparungen bringt (Stichwort 2.500h-Schwelle). Gleichzeitig sollte man darauf hinweisen, dass die Rahmenbedingungen sich ändern können. In der Übergangszeit bis dahin ist es umso wichtiger, alle Einsparpotentiale (inklusive bestehender Sonderentgelte nach §19 StromNEV) auszuschöpfen und die Betriebskonzepte ggf. an neue Regeln anzupassen. Die 2.500-Stunden-Regel war ein Schritt in Richtung fairer Kostenallokation und hat Anreize für Energieeffizienz und Lastmanagement geschaffen. Doch mit wachsender Erneuerbaren-Erzeugung und neuen Technologien stößt sie an ihre Grenzen. Eine Modernisierung hin zu mehr Flexibilität zeichnet sich ab – was letztlich sowohl den Netzbetreibern als auch den Betreibern von Batteriespeichern zugutekommen dürfte.

[1] https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/Sachgebiete/Energie/Unternehmen_Institutionen/Netzentgelte/Netzentgeltsystematik/Bericht_Netzentgeltsystematik_12-2015.pdf?__blob=publicationFile&v=1

[2] https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/20240724_IndustrieNE.html

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